Zur Geschichte des
Ortes
Aussiedlung und Flucht
Anni Reichel (Mayer) erzählt
Anni Reichel wurde 1928 als drittes Kind der
Familie Heinrich und Anna Mayer in Katharinendorf geboren. Der Ort
wurde nach der Zarin Katharina benannt. Das Dorf findet man in der
Bukowina am Osthang der Waldkarpaten, im jetzigen Rumänien. In
Kindheitserinnerung ist Anni Reichel die unfreiwillige Begegnung mit
einem Bären, dem sie beim Himbeerpflücken im Wald begegnete.
Seit dem 18. Jahrhundert gehört die Bukowina
zur österreichisch-ungarischen Monarchie. Nach dem 1. Weltkrieg
wurde das Land Groß-Rumänien zugesprochen. Zu Beginn des 2.
Weltkrieges wurde der Nordteil der Bukowina mit Bessarabien an
Russland angeschlossen.
Am 19. November 1940 wurden 77 Familien mit 324
Personen ausgesiedelt. Die Aussiedlung wurde von Deutschland
organisiert. Die Möbel und der größte Teil des Hausrates mussten
zurückgelassen werden. Je 7 Familien, die Frauen und Kinder, wurden
bei eiskalter Witterung auf Güterwagen verbracht und im
Sammeltransport nach Bielitz (Oberschlesien) gefahren. Die Männer
kamen mit den Pferdefuhrwerken erst einige Zeit später
hinterher." In Bielitz waren wir in einem großen Kloster
untergebracht. Das Lager setzte sich aus drei Dörfern zusammen, es
war Katharinendorf, Alexanderdorf und Nicolausdorf. Im November 1941
bekamen die Rumäniendeutschen die Einbürgerungsurkunde für
Deutschland. Es erfolgte eine neue Ansiedlung in Wilkowitz. Dort
bekam die Familie eine neue Wirtschaft, die zuvor einem polnischen
Bauern gehörte. Der polnische Nachbar und seine Frau mussten in der
Wirtschaft mitarbeiten, dabei war es den Deutschen unter Strafe
verboten, die polnische Bevölkerung zu unterstützen.
Ein Erlebnis aus Wilkowitz erzählt Anni
Reichel: "Im Ort ist der Geschäftsmann Heuchert erschossen
worden. Man hat vermutet, dass es die Polen waren. Es war aber ein
Bauer aus Katharienendorf. Er wollte unbedingt die Kaufhalle
haben. Man hat ihm geglaubt, so hat man 10 Polen aus der Bevölkerung
genommen und sie erhängt. Dazu hat man uns Kinder auch aus der
Schule geholt, und wir mussten uns das ansehen. Ich werde den Anblick
nie vergessen, wie die Frauen und Kinder weinten und schrieen!"
In Wilkowitz war die Familie 4 Jahre, in dieser
Zeit wurden Vater und Bruder zum Kriegsdienst eingezogen. Als der
Krieg sich weiter in Richtung Deutschland verlagerte, flüchtete die
Familie in Richtung Sachsen.
In Erinnerung ist Anni Reichel die Flucht im
Güterwagen bei der extremen Kälte des Winters 1944/45. Der Weg
führte sie in das vogtländische Rothenkirchen. Dieser Landstrich
war vom Krieg weitestgehend verschont. Unterkunft fand man bei einem
Bauern, wo man für seine Arbeit wenigstens etwas zu essen und ein
Dach über dem Kopf hatte. Der Vater hat die Familie dort wieder
gefunden. Im November 1945 bekam man in Cunnersdorf eine
Neubauernstelle. Man wohnte zunächst auf dem Freigut von Ernst Wolf,
der durch die Bodenreform enteignet wurde. Das Land wurde in 10
Siedlungsparzellen aufgeteilt, die von den Neubauern bewirtschaftet
wurden. 1948 begannen die Eltern mit dem Bau des Siedlungshauses.
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