Elfriede Claus ist die jüngste Tochter der
Familie Hanke. Sie wohnten bis 1945 in Schreibendorf
(Niederschlesien) nahe Breslau. Dort besaßen sie eine Wirtschaft mit
19 ha landwirtschaftlicher Fläche. Der Ort war während des
Krieges schon Zufluchtsstätte für viele Oberschlesier. Im eigenen
Hof waren mindestens 20 Flüchtlinge einquartiert.
Am Abend des 29. Januar 1945 kam die SA und die
Polizei ins Dorf und rief:
"Die Russen schießen alle tot! Flüchtet! Hauptsache
über die Oder!" Am nächsten Morgen, dem 30. Januar, begann die
Flucht. Über Nacht wurde schnell noch ein Schwein geschlachtet und
das Notwendigste auf den Pferdewagen gepackt. Mit 3 Pferden, davon
sollte eines einen Tag später fohlen, und zwei Ochsen zog die
Familie in Richtung Westen. Den Hund ließ man schweren Herzens
zurück. Die Flucht im Treck sollte nur 3 Tage dauern, denn nur für
3 Tage sollte man Viehfutter mitnehmen. Optimistisch versprach die
SA, dann die Russen zurückgedrängt zu haben.
In Hirschberg (jetzt Jelina Gora) war der erste
Zwischenstop für 2 Wochen, das Pferd bekam sein Fohlen. Der Vater
fand nachkommend seine Familie. Und auch der zurückgelassene Hund
fand seinen ehemaligen Besitzer wieder. Das war ein großer Zufall
und auch großes Glück, man hatte damit auf dem Wagen einen
zuverlässigen Wächter, denn es wurde viel gestohlen.
Die Front rückte immer näher. Über Zittau,
Radeberg. Ottendorf, Lommatsch kam man nach Wiltenau bei Großenhain.
In jedem der Orte war man nur wenige Tage oder Nächte. Geschlafen
wurde meist im Stall bei den Tieren, nur das neugeborene Fohlen hatte
einen Sonderschlafplatz auf dem Wagen. In Wiltenhain, so erinnert
sich Elfriede Claus, wurde man mitten in der Nacht von Tieffliegern
geweckt. Man rief nur noch: ",Sofort packen, der Russe ist
da!" Die Familie flüchtete bis Riesa, dort war aber die
Elbbrücke gesprengt. Es gab nur eine Behelfsbrücke, an der man bis
zum Nachmittag warten musste. Viele Fuhrwerke waren nicht mehr in der
Lage die steilen An- und Abfahrten der Brücke zu bewältigen. Die
Fuhrwerke aus Schlesien waren ja auch schwer und nur für das flache
Land geeignet. Deshalb stürzten auch viele Fuhrwerke in die Elbe und
versanken in den Fluten.
Weiter ging es über Zeithain nach Oschatz.
Dort war die Flucht vor den Russen zu Ende. Auf der Straße zwischen
Mügeln und Wermsdorf kamen die Amerikaner entgegen. Eine neue
Unterkunft fand man in Gröppendorf.
Die Nachkriegszeit ist Elfriede Claus noch gut
in Erinnerung, vor allem das Wüten der Russen. Alle Männer wurden
verfolgt und verdächtigt Nazi zu sein. Frauen wurde belästigt,
vergewaltigt, sie stürzten sich aus Verzweiflung aus dem Fenster.
Aber zu den kleinen Kindern war der Russe lieb. Sie wurden auf den
Schoß genommen, gestreichelt und mit Schokolade beschenkt.
In Gröppendorf hätte man eine Neubauernstelle
bekommen können, man wollte aber nicht bauen, sondern einen Hof
pachten. So kam die Familie Ende März 1950 nach Cunnersdorf.
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