Zur Geschichte des
Ortes
"Umsiedlung" und Vertreibung
Familie Richard Rothe
Unmittelbar nach der Kapitulation Deutschlands
begann die polnische Regierung mit der Umsiedlung der östlich
der neuen Grenze an der Oder und Neiße lebenden Deutschen. Folgende
Befehle wurden in jedem Ort erlassen:
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Am 14. Juli 1945 ab 6 bis 9 Uhr wird
eine Umsiedlung der deutschen Bevölkerung stattfinden.
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Die deutsche Bevölkerung wird in das Gebiet
westlich der Neiße umgesiedelt.
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Jeder Deutsche darf höchstens 20 kg
Reisegepäck mitnehmen.
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Kein Transport (Wagen, Ochsen, Pferde, Kühe
usw.) wird erlaubt.
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Das gesamte lebendige und tote Inventar
bleibt Eigentum der polnischen Regierung.
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Diejenigen Deutschen, die im Besitz der
Nichtevakuierungsbescheinigung sind, dürfen die Wohnung mit ihren
Angehörigen in der Zeit von 5 bis 14 Uhr nicht verlassen.
Die Familie Richard Rothe, die in Welkersdorf
bei Greifenberg (Niederschlesien) ein Haus mit Landwirtschaft besaß,
fiel unter die Festlegung des Punktes 6. Herr Rothe war in einer
Möbelfabrik als Vorarbeiter beschäftigt. Ihn behielten die Polen
zurück, um die neuen Arbeiter, die aus Ostpolen nachrückten,
anzulernen. Aber Mitte Juli 1947 wurden auch sie vertrieben. So
musste sich Herr Rothe mit Frau Emma und Tochter Hilde in Marsch
setzen. Sohn Walter war zu dieser Zeit noch in polnischer
Kriegsgefangenschaft, die bis August 1949 dauerte. Diese spätere
Aussiedlung brachte kleine Vorteile, indem Familie Rothe etwas mehr
Gepäck mitnehmen konnte und die Transporte geordneter verliefen. Ihr
Weg führte sie über den Sammelpunkt Greifenberg, über Kohlfurt,
Görlitz, Dresden und endete in Dippoldiswalde in der Gaststätte
"Reichskrone".
Aufgrund eines Aufrufes kamen Bürgermeister
und Bauern aus der Umgebung nach Dippoldiswalde, um die
ausgesiedelten Familie in Empfang zu nehmen. Der Bauer Kurt Rehn aus
Cunnersdorf nahm sich der Familie Rothe an. Sie erhielten dort die
erste Unterkunft. Richard Rothe bekam auch bald Arbeit in der Firma
Paka in Glashütte, die bis an sein Rentenalter andauerte. Emma Rothe
half bei verschiedenen Bauern und auch in Geschäftshäusern mit.
Tochter Hilde war Angestellte in der Gaststätte "Lindenhof".
Wegen Diskrepanzen mit der Inhaberin verließ sie aber Ende 1947
Cunnersdorf und siedelte in die Nähe von Hannover über. Sie
heiratete dort und starb leider sehr früh im März 1992.
1949 zog die Familie Rothe zur Familie Max
Reichel und von dort 1952 zu Dittrichs Erben im Niederdorf, jetzt
schon gemeinsam mit Sohn Walter, der 1952 Gerda geb. Ludwig -
ebenfalls aus Niederschlesien - heiratete. Aus dieser Ehe gingen ein
Sohn und eine Tochter hervor, die sich ebenfalls in Cunnersdorf
niedergelassen haben. Sohn Walter bekam ebenfalls in der Firma Paka
Arbeit, später zog es ihn aber zu Baufirmen. Er war spezialisiert
für Schachtarbeiten. Richard und Emma zogen dann von 1955 bis 1964
in die Bäckerei Zschoch und von dort in die Neubauernstelle von
Richard Wirth, in den früheren Fernsehraum der LPG. Emma Rothe
verstarb 1985 im Alter von 87 Jahren und Richard Rothe wurde von
seinen Kindern Walter und Gerda aufgenommen und bis zu seinem Tod im
Oktober 1993 vorbildlich betreut. Er erreichte das gesegnete Alter
von 92 Jahren.
Die Familie Rothe war und ist beliebt in
unserem Ort, obwohl sich besonders Emma nur sehr langsam an die neue
Heimat gewöhnen konnte. Um so erfreuter war sie, als einmal für sie
und später mehrmals für die Familienangehörigen ein Besuch in der
alten Heimat in Welkersdorf möglich wurde. Sie wurden dort von den
Polen freundlich empfangen und auch bewirtet. Ausnahmen bestätigen
die Regel! Allerdings war ihr Haus und auch die evangelische Kirche
des Ortes abgerissen worden. Walter und Gerda mit Sohn Jürgen waren
sogar 1968 einmal mit dem Fahrrad dort unterwegs. Die ehemaligen
Umsiedler aus dem Kreis Löwenberg in Niederschlesien halten noch
heute fest zusammen und es gibt jährlich große Treffen mit fast 150
Personen im Gebiet von Hannover oder Zwickau oder auch in der alten
Heimat.
Eine monatlich erscheinende Zeitung über den
Kreis Löwenberg, die in Bayern gedruckt wird, bringt Geschichte aus
der alten Heimat oder Episoden aus der Jetztzeit und berichtet über
freudige- aber auch traurige Ereignisse. Sie ist ein wahres
Bindeglied geworden.
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